Donnerstag, 30. März 2017
Die Windel muss weg oder „Ich bin Rabenmutter, ich darf das!"...
Heute möchte ich euch an einem Meilenstein in der Entwicklung unseres Großen teilhaben lassen. Es geht um … ich hoffe ihr lest das hier nicht beim Essen, ansonsten rate ich: Verschiebt besser eine der beiden Tätigkeiten auf später. Es sei denn ihr seid Eltern, dann schockt euch das nicht. Es geht um das Ende einer Ära, das Ende von unzähligen Kämpfen auf dem Wickeltisch. Es geht um ein Thema worüber tatsächliche und selbsternannte Experten Romane schreiben und Eltern wahre Challenges austragen und nicht zuletzt … lügen bis sich die Balken biegen … es geht um das „Sauber werden“.

Nun – was soll ich sagen? Ich muss an dieser Stelle einmal kurz ausholen und etwas erwähnen: Ich liebe das Internet ich bin süchtig nach dem „Social Network“ und kann – sehr zum Leidwesen meines Mannes – Stunden und Tage damit verbringen mich durch Foren jeglicher Colour zu klicken um mich an den mal mehr, aber definitiv im Regelfall eher weniger, eloquenten Ergüssen anderer Besucher zu ergötzen. Ich bin sogar eine von der fiesen Fraktion: Ich lese und profitiere, behalte meinen eigenen Senf aber im Regelfall für mich. AUSSER ich habe so richtig Langeweile, DANN … ja DANN starte ich auch mal eine Diskussion. Zum Beispiel so: „Hey ihr Lieben, ich habe mal eine Frage. Mein Kind soll nun ohne Schnuller auskommen. Darf ich ihm zum Abgewöhnen alternativ einen Lolli geben? Mein Sohn ist auch erst 10 Monate alt und ich würde ihm den auch nur im Gehfrei geben, wenn er gerade Fernseh schaut, zur Sicherheit...“ Habt ihr das mal gemacht? Müsst ihr unbedingt ausprobieren. Ich sag euch, dann legt die Müttermafia los … geil! – Ich weiß, einige finden das hier jetzt respektlos und unmöglich, aber mal ehrlich … Spaß! Das Leben macht Spaß! Wenn man ihm die Chance gibt … aber ich erinnere auch hier an die „Klick und weg…“- Funktion 😉 … (genau erklärt weiter unten im Artikel "Klick und weg!")

So, aber zurück zum Thema:
Die Windel soll weg! Ich habe es mir also nicht nehmen lassen zuvor in meinen heißgeliebten „Mutti-Foren“ nach der richtigen Methode zu forschen. Was haben wohl all die selbst ernannten Pädagoginnen, Medizinerinnen und Psychologinnen zum Thema „trocken werden“ zu sagen? Hach! Es war wieder ein Fest. In Gänze ausgeführt würde es hier zu weit führen, aber unterm Strich zusammengefasst ist der Tenor der modernen Pädagogik: „Lassen Sie ihrem Kind solange eine Windel, bis es selbst soweit ist sie auszuziehen und das auch eigenständig anzeigt.“ SauberkeitsERZIEHUNG ist heutzutage nur noch ein letztes Überbleibsel aus dem kalten Krieg und wer sein Kind, ohne von ihm selbst dazu aufgefordert zu werden, auf den Topf – oder gar die Toilette – setzt, verkauft die arme kleine Seele an den Teufel und fügt dieser darüber hinaus weitreichende und lebenslange Schäden zu. Soweit so gut. In der Theorie finde ich das absolut sinnig und verständlich, aber in der Praxis? Ganz ehrlich, ich bewundere alle Eltern die diese Ausdauer haben.
Aber – und das sei hier einmal erwähnt, ihr werdet es mit der Zeit auch selbst herauslesen – ich bin nicht andere, ich bin ich und darüber hinaus bin ich die „Rabenmutter par excellence“. Ich hatte diese Geduld nicht. Eines Tages nach einem reichhaltigen Abendmahl und der darauffolgenden Bescherung in der morgendlichen Windel meines damals gut 2,5-Jährigen Sohnes, fand ich: „Nein, ich möchte das bitte nicht.“

Also entschied ich ohne meinen Jungen zu fragen: Pampers sind aus. Ich erklärte meinem Sprössling – der bis dahin nicht ansatzweise Interesse an Topf oder Toilette zeigte: „Schatz, ich möchte das nicht mehr sauber machen. Du bist groß, du kannst auf die Toilette gehen. Ich zieh dir keine Windel mehr an.“
Gesagt getan … ich hatte von dieser herrlichen Methode „Windelfrei in 3 Tagen“ gelesen und fand die Idee spitze. Für euch kurz zusammengefasst: Das Kind läuft spliterfasernackt (zumindest untenrum) durch die Wohnung und das sich kümmernde Elternteil – in dem Fall ich – beobachtet es ganz genau. Ununterbrochen. Jede Sekunde. Um seine Signale für Pipi oder Kacka zu erkennen und dann rechtzeitig in Vin-Diesel-Manier mit dem Töpfchen zu ihm zu hechten und das Geschäft darin AUF-ZU-FANGEN … jaaaa … so ist der Plan … Dadurch soll das Kind lernen zu erkennen, was da passiert und wo das was passiert hin soll. Super! In der Theorie!
In der Praxis, hatte ich neben meinem 2,5-Jährigen Sohn, noch meinen 6 Monate alten Sohn und absehen davon … man möge mich dafür steinigen … schlichtweg weder Lust noch Zeit mein Kind jede Sekunde zu beobachten. Dementsprechend hatte ich nach etwa 3 Stunden, einen nassen – und wirklich fies riechenden – Teppich, eine nasse – und genau fies riechende – Sofaseite … (Anmerkung: Jungs pieseln nicht gerade nach unten meine Damen und Herren, einer Tatsache die man sich bei dieser Methode bewusstmachen sollte) … und ein Häufchen auf der Terrasse…Ja. So war das. In der Praxis. Ich beendete dieses Experiment also nach 3 Stunden. Und entschied mich für die herkömmliche – wenn auch als langwierig angekündigte – Methode: Normal anziehen, nur ohne Windel.
12 Stunden und 12 nasse Kleidungsstücke später kam ich erneut Wanken. Doch mir fiel ein, ich hatte ja bereits ein Kinderbuch über das wegzaubern der Windel besorgt. Mein Sohn fand die Geschichte herrlich und ich musste erstaunt feststellen, dass mein Zwerg erstaunlich gut erklären konnte wie man ein Töpfchen zu benutzen hat und wo Pipi und Kacka hingehören. So völlig fremd schien ihm die Materie also gar nicht zu sein. Faszinierend!
Nach nur drei Tagen reduzierte sich die Schmutzwäsche von zehn Mal täglich auf zwei bis drei Mal täglich. Und nur wenige Wochen später wusste mein Sohn zuverlässig wo das Pipi hingehörte. Das war doch ein super Erfolg, und ganz ehrlich so lange hat es wirklich nicht gedauert und das obwohl mein Sohn – laut „Experten“ noch gar nicht bereit dazu war.

Die Sache mit dem großen Geschäft allerdings lies leider etwas länger auf sich warten und dabei konnte uns das geliebte Buch bedauerlicherweise nicht helfen. Ich musste auf altbewährte Bestechungsmethoden zurückgreifen. Ich erinnere mich noch wie meine Großmutter einmal völlig überzeugt sagte: „Gute Erziehung erfolgt über Erpressung.“ Damals schüttelte ich fassungslos den Kopf und schwor mir, mein Kind nie, nie, niemals zu erpressen.
Nun, wie soll ich sagen? So eine volle Windel ist bei einem fast Dreijährigen … unangenehm. Wenn sich das ganze Desaster jedoch in Unterhose, Jeans und Schuhen verteilt, ist das … ihr kennt das vielleicht selber. Jedenfalls wurde Erpressung irgendwie reizvoll. Und schon hörte ich mich sagen: „Schatz, pass auf wir machen einen Deal, das nächste Mal wenn das „Gacks“ in die Toilette und nicht in die Hose geht, bekommst du ein Schokobon.“ Schande auf mein mütterliches Haupt! Ja ich weiß! Belohnung ist im Sauberkeits“training“ ein noch größeres Tabu als das Training überhaupt. Aber da es – wie ich im Internet gelernt habe – heutzutage ja überhaupt keine Sauberkeitserziehung mehr gibt … was soll’s. Also entschied ich: „Ich bin Rabenmutter, ich darf das...“
Erstaunlicherweise ging ab diesem Tag absolut nichts Größeres mehr in die Hose. Ich persönlich finde das war’s wert. Denn unterm Strich ist es mir ziemlich egal WARUM mein Kind auf Toilette geht, Hauptsache es tut es. Unser Sohn wirkt übrigens auch nach wie vor aufgeweckt und nicht psychisch labil und nach nur wenigen Wochen funktionierte das alles auch ohne Bonbons. Es war also offenbar halb so schlimm.

Ein bisschen wurde ich für diese Methode aber dann doch noch bestraft, als mein Junge einen „schokobonessenden“ Mann im Park lauthals fragte: „Ohhh hast du Kacka gemacht?“ … ähhm … ja … das ist die Essenz mit der wir Rabenmütter leben müssen…


©AylaElin (März, 2017)

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