Donnerstag, 21. Juli 2011
Ich darf das – ich bin ein Prinzesschen!
Kommen wir zum letzten Teil der Online Dating Studie im Selbstversuch. Ob es wohl ein Happy End geben wird? Hat man sich also durch die Vorschläge der Online-Foren gekämpft und kommt nach zwei bis drei oder fünfundzwanzig Mails zu dem Schluss, es hilft ja alles nix man muss sich mal treffen um eine valide Entscheidung bezüglich der Auswahl eines Partners treffen zu können. Zunächst einmal muss ich an dieser Stelle sagen: Man, man, man…das Internet hat seine Tücken. Treffender als Roger Cicero kann man es eigentlich nicht ausdrücken: „In der Internet Single Börse sind alle reich und schön, da ist man höchstens neunundzwanzig, das ist ein Online-Phänomen. Sie haben tausend geile Hobbies, sind alle sportlich und auf Diät. Die Blase platzt – beim ersten Date.“

Die Blase platzt beim ersten Date! Aber so was von. Ich setze mal einfach voraus, dass wenn man sich mit jemandem trifft, man vorher einen guten Eindruck bekommen hat und sich darauf freut seinen „Prinzen“ kennenzulernen. Aber was muss man dann erleben? Was muss man sich anhören? Es ist wirklich … zum Verzweifeln und es fehlt der „Klick und weg“ – Knopf.

Zunächst mal wäre es ja schon mal schön, wenn die Angaben die man Online macht mit der Realität übereinstimmen: Ich möchte gar nicht anfangen über Mr. „Big“ zu sprechen der stolz seine 1,80m Körpergröße anpries (ich glaube ich mache in meinem Profil sehr deutlich, dass ich große Männer mag) und sich als 1,64 kleines Männlein entpuppte – also ein Mann zu dem ich runter schauen muss…ok, es mag oberflächlich sein, aber neiiiiin. Auch gehe ich nicht auf Mr. „Sporti“ ein, der sich als gut trainiert beschrieb und letzten Endes mindestens 120kg auf die Waage brachte. Hoch lebe Photoshop! Einen Herrn erkannte ich tatsächlich nicht, weil er das Foto seines gutaussehenden Freundes online stellte. Hmm…was soll ich da sagen? Zum Glück habe ich gute Freunde denen ich mit einem kurzen Klingeln ihres Handys klar machen kann, dass sie jetzt sofort einen schweren Unfall haben müssen oder einen Wasserrohrbruch, ihr Hamster stirbt oder sie ihren Freund mit einer anderen erwischt haben .. egal was, jedenfalls – jetzt – dringend – tut mir auch furchtbar leid ...jedenfalls „Ich muss weg“

Gehen wir aber mal davon aus, dass zumindest die Eckdaten betreffend Fiktion und Realität übereinstimmen. Die ersten fünf Minuten kann man ja meist noch mit Small Talk über Wasser halten, doch dann, geht’s ans Eingemachte. Was man sich so anhören muss. Ich erinnere mich an die Worte von Herrn „Kontrolletti“: „Also, ich plane jetzt auf’s Land zu ziehen. Dort kaufe ich ein Haus. Mein Auto verkaufe ich, weil Auto fahren ist schlecht für die Umwelt. Einen Hund kaufe ich und in zwei Jahren muss das erste Kind im Garten krabbeln. Ich brauch halt nur noch ne Frau. Überleg dir ob du damit klar kommst, ansonsten ist das hier Zeitverschwendung.“ Im ersten Augenblick glaub ich noch er scherzt, aber anhand seines eindringlichen Blickes sehe ich: Der scherzt nicht! Der meint das ernst! Und ich stehe vor der Wahl: Verkaufe ich meine Seele, oder versuche ich möglichst unbeschadet aus der Situation zu kommen? Und dann klingelt mein Handy: „Ich muss weg“. Mr. „Jack Daniels“ war auch wirklich charmant. Ne knappe Stunde zu spät kommen und sich dann innerhalb von zwanzig Minuten so abschießen, dass man nicht mal mehr stehen, geschweige denn gehen kann, hmm möglicherweise musste er sich mich schön trinken!?! Man weiß es nicht….jedenfalls…“Ich muss weg“. Auch schön war Mr. „Ich zeig im Profil mein Lächeln nicht“, was sich dadurch äußerte, dass er sich einen Zettel vor den Mund hält. Sehr innovativ wirklich. Als er vor mir stand wusste ich wieso er das tat. Nun, wenn man ein solch charmantes Lächeln wie Jürgen Vogel hat…jaaa da kann man den Zettel verstehen. Mich dann ganz skeptisch beäugend stellt er fest: „Is aber jetzt schon anders als auf den Fotos oder?“ Irritation auf meiner Seite. Ein skeptischer Blick an mir herunter: „Viel Sport machste aber nicht, oder?“, ich weiß schon nicht mehr ob ich lachen oder zuschlagen soll, entscheide mich aber für die höfliche Variante. Ich lache und erkläre ihm ich würde eigentlich regelmäßig joggen. Um mir dann sagen lassen zu müssen: „Ja das sieht man, hast ja schon recht kräftige Oberschenkel.“ … autsch, diejenigen die mich kennen wissen jetzt natürlich, dass ich kein 34kg-Mager-Model bin, jedoch eigentlich ne ganz ansehnliche Figur habe…aber dann klingelt auch mein Handy und ich muss weg. Mr. „Freigeist“ hingegen hat es richtig weit gebracht. Drei Treffen - nach einigen Startschwierigkeit zumindest – ein echter Rekord auf dem Gebiet. Stellte aber dann fest, dass ich ein Prinzesschen bin. Weil ich kann kein Mathe und Spinnen mag ich auch nicht. Ja! DAS ist definitiv Prinzessinnen-Image. Auch hier kann ich sagen, die Leute die mich kennen, wissen: Ich bin alles, aber ganz bestimmt kein Prinzesschen. Aber interessant fand ich, dass dem Herren am Ende des dritten Treffens sein 6jährige Sohn einfiel. Nett! Das sind ja auch Dinge die ich nicht wissen möchte und schon gar nicht, wenn ich im Grunde danach gefragt habe. Aber er fand ja außerdem ich sei zu konservativ und nicht freigeistig genug. Tja, was soll ich zu Mr. „Freigeist“ sagen? Reden ist nicht alles, auch Verhalten hinterlässt einen Eindruck, ein Mädel nachts um 23 Uhr nicht zur Bahn begleiten oder schnell heimfahren, wo die Wohnung doch auf dem Weg liegt…puhh…was soll ich sagen? Ziemlich wenig Gentleman…waaas? Gentleman ist konservativ? Ich hätte aber gern einen, und ich darf das, schließlich bin ich ein Prinzesschen…

So und damit endet für mich auch nun hochoffiziell die empirische Untersuchung des Online Datings. Mein Resümee fällt mager aus. De facto: Für mich ist das nichts. Aber ich hoffe sehr irgendwann mal ein Paar kennenzulernen die sich über ein Dating-Portal kennengelernt haben, damit ich in Erfahrung bringen kann was ich falsch gemacht habe. Jedenfalls mach ich es ab heute wieder über die herkömmliche Art. Ich suche nicht mehr. Ich lass mich finden. Von dem gutaussehenden, großen Gentleman, der auch heute noch weiß wie man ein Mädchen zu behandeln hat und mit einer Frau umgehen kann, die kein Mäuschen ist, sondern Charakter hat. So wird das gemacht. Was denn? Das ist zu einfach? Zu konservativ? Zu unnahbar? Egal: Ich darf das – ich bin ein Prinzesschen!

© AylaElin (Juli, 2011)

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